Gasthaus Stadt Mannheim
mit Blüchermuseum
Stadt Kaub, Rhein-Lahn-Kreis

Baubeschreibung:

Das vornehme Gebäude wurde unter Johann Kilp um 1780 als Gasthaus nach einem Entwurf des kurpfälzischen Hofbaumeisters in Mannheim, Franz Wilhelm Rabaliatti, erbaut. In der engen Gasse kann sich die Architektur des stattlichen Barockbaus nur wenig entfalten. Durch die anlegenden Schiffer blühte in der Stadt ein reiches Gaststättengewerbe, was die außergewöhnliche Architektur des Gasthauses erklären mag.

1792 wurde der Gasthof auf Veranlassung des Enkels Daniel Kilp um eine hufeisenförmige Hofanlage erweitert, von der sich trotz vieler Veränderungen noch bedeutende Bauteile erhalten haben.

Berühmt wurde die "Stadt Mannheim" durch die Beherbergung des preußischen Generalfeldmarschalls Leberecht von Blücher, der hier während des Rheinübergangs der preußischen Truppen in der Silvesternacht 1813/14 sein Hauptquartier aufschlug.

An dieses Ereignis erinnert das in den originalen Räumlichkeiten untergebrachte Blüchermuseum, das trotz seiner versteckten Lage von bis zu 9.000 Besuchern im Jahr aufgesucht wird.

Exkurs: Das Blüchermuseum

Das Museum widmet sich als einziges seiner Art in Deutschland ausschließlich den Befreiungskriegen von 1813-15. An historischer Stätte lebt es -weit weg von den auf Hochglanz polierten High-Tech-Museen dieser Welt- ganz von der Authentizität der Ereignisse. Geschichtsträchtige Räumlichkeiten am Ort des Geschehens lassen ein Stück Weltgeschichte des europäischen Schicksalsjahres 1813 überaus anschaulich wieder lebendig werden.

Seit Blüchers Einquartierung am Nachmittag des 31. Dezembers 1813 im vornehmsten Hause der Stadt ist im Blüchermuseum die Zeit stehen geblieben. Das "Blüchersälchen" und Blüchers Schlafraum haben sich unverändert in die Gegenwart gerettet und bieten heute ein seltenes Bild gehobener bürgerlicher Wohnkultur des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Als Oberkommandierender der Schlesischen Armee führte Blücher in Kaub eine russisch-preußische Armee mit 50.000 Soldaten mit Hilfe einer Pontonbrücke über den Fluss. Obwohl die Franzosen bereits in der voran gegangenen Völkerschlacht bei Leipzig vernichtend geschlagen wurden, symbolisiert der Rheinübergang bei Kaub mit der Befreiung der linksrheinischen Gebiete das Ende der napoleonischen Herrschaft. Dieser Übergang, später Gegenstand zahlreicher patriotischer Gemälde und Feiern, markiert auch eine historische Wende: Der Rhein hörte endlich auf, Deutschlands Grenzfluss im Westen zu sein.

Abgesehen von den originalen Räumlichkeiten überrascht das Museum auch im Ausstellungsteil mit einigen Exponaten und Sammlungen von überregionaler Bedeutung. An den Feldmarschall erinnern einige persönliche Stücke, so etwa seine Pfeife, seine Tabaksdose und eine Schreibmappe mit 5 Briefen von Ihm. Das Blüchersälchen enthält zwei lebensgroße Marmorbüsten des preußischen Königspaares, Königin Luise und Friedrich Wilhelm II., von Christian Daniel Rauch. Großen Seltenheitswert besitzt auch die gut sortierte Sammlung des berühmten "Berliner Eisen" ("Gold gab ich für Eisen"), die es in diesem Umfang öffentlich nur noch im Kauber Blüchermuseum zu sehen gibt.

Das Museum beinhaltet in seiner Militaria - Abteilung als einziges in Europa eine vollständige Sammlung von Gewehren aus den Freiheitskriegen, die in 30 Jahren in mühsamer Arbeit durch den damaligen Museumsleiter Bruno Dreier zusammen getragen und kontinuierlich ausgebaut wurde. Ferner wird das militärische Geschehen 1813-15 durch Uniformen und Tschakos, Blankwaffen, Armeebefehle, Ausrüstungsstücke, Orden und Einquartierungslisten dokumentiert.

Die Schlesische Armee, das preußische Korps Yorck, das russische Korps Langeron, vor allem aber auch die Kosaken, die in Kaub mit 6 Regimentern vertreten waren, werden durch Schautafeln und Karten dem Betrachter nähergebracht. Dabei geht es nicht nur um das Glück des Siegens, sondern vor allem um die bittere Realität des Jahres 1813: Um die Sorgen der Heerführer im nasskalten Herbst, um die Leiden und Nöte des einfachen Soldaten und auch der Bevölkerung in und um Kaub, von denen fast unmenschliche Anstrengungen gefordert wurden. Ein kleines Zinnfiguren-Diorama zeigt die erschütternd bedrückende Versorgung der Verwundeten in der preußischen Armee im Herbst 1813.

Ein großes, wissenschaftlich exakt dargestelltes Zinnfiguren-Diorama über das Hauptthema des Museums, Blüchers Rheinübergang, bringt dieses historische Ereignis dem Besucher nahe und zählt zu den größten Anziehungspunkten des Museums.

Sanierungskonzept:

Nach Aufgabe des Gasthauses wurden bauliche Änderungen vorgenommen, die dem Gebäude nicht gut getan hatten. Allerdings führten diese reversiblen Einbauten kaum zu größeren Substanzverlusten. Zu den störenden Umbauten zählten neben dem Ausbau des Hinterhauses zu einem Lichtspieltheater vor allem die modernen Schaufenstereinbrüche im Erdgeschoss, die entstellenden Einbauten im barocken Treppenhaus sowie die Aufgabe der inneren Raumorganisation durch den nachträglichen Einbau von Trennwänden. Das Erscheinungsbild des Hauses wurde seiner architektonischen Qualität und der nationalen Bedeutung des Blüchermuseums in keiner Weise gerecht. Durch die Ende 2009 eröffnete Jugendherberge in unmittelbarer Nachbarschaft des Museums mit 140 Betten stieg die Nachfrage nach kulturellen Angeboten in Kaub sprunghaft an. Ziel ist es, das Objekt aus seiner derzeitigen Randlage herauszuführen. Das Gasthaus Stadt Mannheim mit Blüchermuseum soll ein fester Baustein im Gefüge des Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal werden und das Profil des Ortes zwischen Pfalzgrafenstein und Blücher auf seine besondere Weise stärken.

In einem ersten Schritt wurden in 2007 durch den damals noch privaten Eigentümer in einem Kraftakt sämtliche historischen Dachstühle instand gesetzt und mit einer neuen Schieferdeckung versehen. Durch diese Maßnahme wurde der unmittelbare Verfall gestoppt und Zeit für die Entwicklung eines umfassenden Sanierungs- und Nutzungskonzepts gewonnen. Als Voraussetzung für die Einleitung weiterer Maßnahmen wurde das Anwesen im November 2009 durch die Stadt Kaub erworben.

Die Rücknahme der Wohnnutzungen schaffte die Voraussetzung, das gesamte Anwesen perspektivisch nur noch für Museumszwecke zu verwenden. Durch eine Erweiterung des Museums und Ausgliederung und Entzerrung der ausgestellten Exponate könnten endlich die beiden ersten barocken Schauräume, das Blüchersälchen und Blüchers eigentlicher Schlafraum, wieder als solche gezeigt werden. Allerdings muss die Museumserweiterung im rückwärtigen Saalbau des ehemaligen Kinos aus Kostengründen einem weiteren Bauabschnitt vorbehalten bleiben.

Im Jahr 2010 wurde mit der Instandsetzung des Hauptgebäudes begonnen. Diese wurde im Herbst 2013 abgeschlossen und das Museum wieder für den Publikumsverkehr geöffnet. Die ursprüngliche Raumabfolge mit der hofseitig durchgehenden Flurzone und dem repräsentativen Treppenhaus wurde durch Rückbau der nachträglich eingebauten Trennwände wieder hergestellt. Dabei wurde die nur über das Treppenhaus zugängliche Wohnung im Erdgeschoss aufgegeben und der große Saal rekonstruiert. Hier wurde ein kleines Museumscafe eingerichtet, für das derzeit noch ein Pächter gesucht wird. Im Sommer kann auch der Hof zur Außenbewirtschaftung in das gastronomische Angebot einbezogen werden. Im Erdgeschoss der denkmalpflegerisch unbedeutenden Nebenräume entstand eine neue Toilettenanlage. Die hässliche Betontreppe im Hof wurde abgebrochen. Im letzten noch ausstehenden Bauabschnitt soll das Hinterhaus saniert werden. Es dient dann als Museumserweiterung und nimmt die Exponate auf, die bislang aus Platzmangel noch ausgelagert sind.

Sehr aufwändig gestaltete sich die Reparatur und vor allem die Rekonstruktion der fehlenden Fenster. Diese wurden äußerst detailgetreu und kompromisslos analog dem Bestand ergänzt und erhielten zur Verbesserung des Wärmeschutzes ein zweites Innenfenster. Für die authentischen Rekonstruktionen wurden allein 28 m² an historischen Flachgläsern aus Zweitverwendung benötigt.

Herzstück war die Restaurierung und konservatorische Sicherung der Schauräume im Blüchermuseum. Sowohl die Leinwand- als auch die Papiertapeten mussten komplett abgenommen, in der Werkstatt gereinigt und anschließend retuschiert werden. Die ehemalige Aufhängung der Leinwandtapeten durch Nagelung wurde aufgegeben und durch eine flexible Lösung mit Magnetbändern ersetzt. Auch das Balustergeländer der barocken Treppe musste komplett abgebaut und nach der Restaurierung wieder angebracht werden. Die umfangreichen Arbeiten erfolgten in enger Zusammenarbeit eines erfahrenen Teams von Restauratoren aus den Bereichen Putz/Stuck-, Holz-, Papier,- und Gemälderestaurierung in ständiger Rückkoppelung mit den Denkmalfachbehörden und dem bauleitenden Architekturbüro.

Foto links oben, letzte Reihe unten: Dieter Weber, Kaub
Foto rechts: Claudia Gerner-Bäuerle, Generaldirektion Kulturelles Erbe, Mainz

Die Bergung, Auslagerung und Inventarisierung der Ausstellungsexponate erforderte viel Improvisation und war nur durch das beharrliche Engagement und durch die ehrenamtliche Tätigkeit der Freunde und Förderer des Blüchermuseums möglich. Besonders die in Handarbeit vorzunehmende Schuttentsorgung mit rund 400 cbm Bauschutt und dessen mühsamer Materialtransport erfuhr immer wieder Unterstützung durch freiwillige Arbeitseinsätze Kauber Bürgerinnen und Bürger. Das bürgerschaftliche Engagement zeugt von der hohen Identifikation und Verankerung des Blüchermuseums in der Bevölkerung.

Bauherr: Stadt Kaub

Baukosten: ca. 1.750.000 €

Förderung durch: