Sanierung Brentanohaus

Oestrich-Winkel, Rheingau-Taunus-Kreis

Baugeschichte:


Trotz der bedeutenden Geschichte des Hauses als geistig-kulturelles Zentrum der zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufkeimenden Rheinromantik liegt bis heute noch keine umfassende Bauforschung vor. Während in zahlreichen Publikationen ausführlich über die gesellschaftlichen Ereignisse dieser Zeit berichtet wird, tappt die Hausforschung weitestgehend im Dunkeln.

Das Gebäude wurde um 1751 für die aus Bingen stammende Familie Ackermann erbaut. Die Initialen des Erbauers Johann Michael Ackermann finden sich zusammen mit der Jahreszahl in der Kartusche über der Ofennische des großen Saales als auch in den Wappen des geschnitzten Geländers der Holztreppe.


Bereits um 1782 erfolgte durch den Sohn Adam Johann Ackermann ein Umbau des Hauses, bei dem aber die überlieferte Baustruktur beibehalten und nur einige interne Umbauten an der Ausstattung vorgenommen wurden.

Beim Tode Adam Ackermanns um 1789 wurde das Haus an die befreundete und weitläufig verwandte Familie Birkenstock verkauft, kam in den Besitz des Handelshauses Brentano in Frankfurt und wurde schließlich 1806 -nach seiner Heirat mit Antonie von Birkenstock- persönliches Eigentum von Franz Brentano. In den beiden folgenden Jahrzehnten beheimatete das Landhaus zahlreiche prominente Gäste des Frankfurter Kunst- und Freundeskreises der Brentanos, was den Ruhm des Hauses bis heute begründet. Zu den Gästen zählten neben Johann Wolfgang von Goethe auch die Gebrüder Grimm und Freiherr vom Stein. In diese Zeit fallen auch die meisten Modernisierungsmaßnahmen, wie etwa der Austausch von Fenstern und Türen, die Ausstattung der Wohnräume und die Neufassung der Wandoberflächen. Allerdings unterblieb auch in dieser Zeit ein grundlegender Umbau des Hauses, sodass sich der barocke Charakter trotz der zahlreichen Erneuerungen im Stil des Klassizismus und Biedermeier weitgehend behaupten konnte.

Um 1920 wurden umfangreiche Umbaupläne für das Haupthaus angefertigt, deren historisierenden Überformungen der Außenfassaden jedoch nicht zur Ausführung kamen. Neben dem Anbau eines runden Treppenturmes mit welscher Haube sollte die Torfahrt zugebaut, das Gebäude nach Westen um zwei Achsen erweitert und entlang der Gartenseite ein altanartiger Vorbau in neubarocken Formen vorgelagert werden.


Obwohl zu allen Zeiten Umbauten vorgenommen wurden, erfolgten größere bauliche Veränderungen erst in der Nachkriegszeit. Der 1989 erfolgte Abbruch des östlich angrenzenden Nebengebäudes und dessen Ersatz durch ein eingeschossiges, flach gedecktes Keltereigebäude stört die Geschlossenheit der Hofanlage. Um 1991 erfolgte die Einrichtung des Gutsausschankes. Dabei wurde die ehemalige Torfahrt geschlossen und in die Gastronomieräume durch Einbau einer Küche einbezogen. Zeitgleich wurde dem westlichen Giebel ein störender Toilettenanbau vorgelagert.

Baubeschreibung:


Durch den trapezförmigen Grundriss präsentiert sich der Bau mit 14 Achsen zur Straße wesentlich länger als zur Gartenseite mit nur noch 11 Achsen. Das mit Bruchstein aufgemauerte Erdgeschoss trägt ein Obergeschoss aus rein konstruktiv angelegtem Nadelholz-Fachwerk, welches von Beginn an mit einem flächigen Verputz versehen war. Die horizontal über die Fassade laufenden Pflanzgitter wahren wahrscheinlich schon Anfang des 19. Jahrhunderts vorhanden und trugen zusammen mit dem bis heute erhaltenen Weinlaubengang wesentlich zum romantischen Charakter des Gebäudes bei.

Der Dachstuhl wurde zweifelsfrei aus einem Guss errichtet, was unschwer an den durchlaufenden Mittelpfetten ablesbar ist. Immer wieder kursierende Legenden eines frühen Erweiterungsbaus werden durch die vorhandene Dachkonstruktion klar widerlegt. Die Deckenlasten des großen Saales werden durch Hängestühle abgefangen, deren Streben beim nachträglichen Einbau der 4 Dachkammern gegen Anfang des 19. Jahrhunderts halbseitig ausgebaut wurden. Trotz dieser Schwächung weist das Gefüge mit Ausnahme im Bereich des Hauptkamins kaum Verformungen auf. In den Dachkammern haben sich zahlreiche Tapeten des frühen 19. Jahrhunderts bis zur späten Gründerzeit erhalten.


In den Wohnräumen haben sich noch bedeutende Bauteile des Barock und Klassizismus erhalten. Die Schauräume in der Beletage mit großem Saal und den drei angegliederten Kemenaten zählen mit der noch erhaltenen Einrichtung zu den besterhaltenen Beispielen gehobener bürgerlicher Wohnkultur des ausgehenden 18. Jahrhunderts im Rheingau und im Mittelrheingebiet. Herauszuheben sind besonders die Vielzahl von historischen Papiertapeten, die oftmals in mehreren Lagen übereinander auftreten und deren Entstehung größtenteils in das frühe 19. Jahrhundert zu datieren sind. Unter den abblätternden Schichten weisen farbig gefasste Putze darauf hin, dass die Räume ursprünglich mit bemalten Wandfassungen ausgestattet waren.

Sanierungs- und Nutzungskonzept:


Ende 2014 wurde das Anwesen von Udo Baron von Brentano an das Land Hessen veräußert und an die Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten angegliedert. Die Trägerschaft des Objektes übernimmt fortan ein gemeinnütziger Trägerverein, bestehend aus der Stadt Oestrich-Winkel und dem Freien Deutschen Hochstift, welches auch schon das Frankfurter Goethehaus betreut.

Das Haus mit seiner wertvollen Ausstattung soll in den nächsten Jahren in mehreren Bauabschnitten restauriert werden, wobei zukünftig das komplette Obergeschoss nur noch musealen Zwecken dienen wird. Im Erdgeschoss wird neben der Museumskasse auch die Touristen-Information eingerichtet. Der gastronomische Betrieb im dem bereits in der Nachkriegszeit durch radikale Umbauten verdorbenen Westtrakt des Erdgeschosses bleibt als solcher erhalten.


Der 1. Bauabschnitt 2015 und 2016 beinhaltete die Instandsetzung des Dachstuhles mit seinen Gauben und Reparaturarbeiten an der Fachwerkkonstruktion. Dabei erhielt der Dachstuhl wieder seine altdeutsche Schieferdeckung. Die historischen Fenster wurden repariert und die in der Nachkriegszeit erneuerten Fenster durch detailgetreue Rekonstruktionen ersetzt. Die straßenseitige Fassade mit ihrem noch flächig erhaltenen Putz aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde restauratorisch gesichert. An der Hofseite wurde der dicke Zementputz abgenommen und durch Neuauftrag eines Kalkputzes ersetzt.


Die Grundinstandsetzung des klassizistischen Badehauses (d 1817) im Garten musste aufgrund des sehr schlechten Bauzustandes und zur Vermeidung weiterer Substanzverluste vorgezogen werden. Neben der Reparatur des Dachstuhles und der Erneuerung der Schieferdeckung erfolgte auch eine Wiederherstellung der westlichen Säule durch Rückbau des Mauerwerks und den Ersatz mit einer berindeten Eichensäule.


Im 2. Bauabschnitt 2017 ist die Restaurierung und Fertigstellung des Badehauses geplant. Dieses dient künftig als sommerliches Veranstaltungshaus für literarische Salons und kleinere, musikalische Kammerkonzerte. Das Sommerhaus erhält keine Heizung. Es wird im Bestand gesichert und repariert. Das um das Gebäude aufgeschüttete Gelände wird auf das ursprüngliche Niveau abgetragen, der Sockel und die Fußschwelle instand gesetzt, der Sandsteinfußboden der Vorhalle unter dem Portikus repariert bzw. ergänzt. Der Terrazzoboden, der im runden Mittelfeld das Wappen der Familie Brentano zeigt, wird abgeschliffen und die wenigen Fehlstellen ergänzt. Der Türbestand wird repariert und die Fenster anhand von erhaltenen Fotos rekonstruiert.

Der in den 1980er Jahren durch die Familie Brentano in das Erdgeschoss translozierte „Rote Salon“ wird wieder in den ursprünglichen Raum im 1. Obergeschoss verlegt. Diese Maßnahme bildet die Voraussetzung für die anstehende Grundsanierung und die Erneuerung der haustechnischen Einrichtungen in den Räumlichkeiten im östlichen Erdgeschoss. Derzeit laufen die restauratorischen Voruntersuchungen im ehemaligen Roten Salon.

Die 1986 errichtete Kelterhalle wird zur Touristen-Information umgebaut und nimmt zugleich alle sanitären und Infrastruktur-Einrichtungen für den Museumsbetrieb des Brentanohauses auf, so dass das historische Gebäude selbst von diesen erforderlichen Einrichtungen frei gehalten werden kann.

Baukosten geschätzt:

2.100.000 €

Zuwendungen:


Landesamt für Denkmalpflege Hessen
Die Bundesregierung - Denkmalsonderprogramm National wertvolle Kulturdenkmäler
Deutsche Stiftung Denkmalschutz
Land Hessen - Kommunales Investitionsprogramm (KIP)
LEADER Regionalförderung